von Peggy Wagner
Die Bauarbeiten in der Talaue für die Kunstlichtung im Rahmen der Remstalgartenschau haben begonnen. Da mein Balkon direkt über dem Fußweg am Remsufer gegenüber der Baustelle liegt, konnte ich Zeugin der Kommentare einiger Spaziergänger/- innen werden. So sagte eine ältere Dame: „Jo, weils soo saudeier wird, hods hald für schee nemme glangt!“ Ihre Begleiterin sagte dazu: „Genau, ond weil se bei dr Stadt glei gwist hend, dass des a Geldgrab geid, sieht‘s au aus wie a Friedhof.“ Mit einem Lächeln auf den Lippen lauschte ich den Ausführungen einer jungen Mutter mit ihrer Tochter. Sie erklärte, dass hier im letzten Krieg ganz viele Leute gestorben seien bei einer großen Schlacht, und damit man die nicht vergisst bekommen die jetzt auch einen Friedhof wie beim Opa. Ich fragte mich, ob ich da vielleicht etwas in Geschichte verpasst habe, als zwei ältere Herren vorbeigingen und der eine sagte: „Wenn de do a Grab kaufschd, ko dr Todagräbr dr glei no an Taucherazug nufschwätza, em Fall dass Hochwasser kommt.“ Ich musste mich sehr anstrengen, um nicht laut loszuprusten. Zwei Joggerinnen mit ihren Hunden witzelten, Blinkhalsbändchen um einen der neuen Bäume machen zu müssen, damit die sich die Hunde beim Beinchenheben nicht verlaufen.
Zugegeben, das alte schwäbische Sprichwort mag manchmal stimmen und man soll einen Ochsen kein unfertiges Werk sehen lassen, aber für mich ist die Kunstlichtung definitiv keine Kunst und kann gerne wieder weg!
Kunst mag im Auge des Betrachters liegen, aber im vorliegenden ward der Kunstsinn vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen. Hätten die Planer sich etwas in der Kunst gebildet, der sie hier eine Stätte schaffen wollten, wäre eine simple Wildblumensamenmischung auszubringen ein cleverer Kunstgriff gewesen, mit dem Ergebnis, dass sich den Besuchern der Gartenschau eine Landschaft geboten hätte, wie selbst ein Claude Monet sie nicht schöner hätte malen können. Aber das hätte die Kunst der Erkenntnis erfordert, dass schön nicht teuer sein muss und dass letzten Endes nichts so schön sein kann wie die Natur, wenn der Mensch es unterlässt sie zu verschlimmbessern. Doch leider wurde nicht der Entwurf zur Kunstlichtung zu Grabe getragen, sondern auf dem neuen Talauenfriedhof unsere Steuergelder mitsamt dem Kunstgeist, der Vernunft und der schwäbischen Weisheit. Es bleibt nur die Hoffnung, dass die Natur mit schöpferischer Kunst ihre Talaue zurückerobert – em Fall dass a Hochwasser kommt.