abgefahren: junger Blick auf alte Straßen

Von Gisela Benkert

Waiblingen ist klasse – eigentlich. Aber Waiblingen ist in die Jahre gekommen, wird immer älter, bräsiger, zementierter, diese Stadt scharrt nicht mehr mit den Füßen, ist irgendwie im Stau stehengeblieben, entwickelt sich kaum, ist nicht wirklich „zukunftsfähig“, hat zu wenig Ideen, lebt, als gäbe es kein Morgen.

Mensch, probiert doch endlich mal wieder was aus, das nicht den Namen Gartenschau trägt! Schaut endlich hin, wenn sich Autoschlangen durch Wohngebiete quälen, wenn Gehwege zugeparkt sind, Radler und Fußgänger Kopf und Kragen riskieren. Mensch, gebt uns unsere Stadt zurück – zum Genießen, Verweilen, Einkaufen, zum drin Leben!

Das ist ein Imperativ – und angesprochen fühlen dürfen sich alle, die fürs Wohl und Wehe der Stadt zuständig sind – die Leute im Rathaus, der Gemeinderat und natürlich die Bürgerinnen und Bürger selbst.

Manchmal tut ein Weckruf gut – und den haben jetzt Studentinnen und Studenten eines internationalen Masterstudiengangs für nachhaltige Mobilität an der Fachhochule Nürtingen übernommen.
Wie kam’s? Ich als alte Waiblingerin war hocherfreut, als mein Neffe, damals noch mitten im Studium der Ingenieurswissenschaften, Fachbereich Verkehrsplanung,
bei seinen Tanten-Besuchen in der Stauferstadt ein ums andere mal befand: „Ihr habt aber eine merkwürdie Verkehrplanung hier“. Seine Analyse in etwa: Freie Fahrt für Freie Bürger, und das noch ziemlich exzessiv. Irgendwie nicht zukunftsweisend.

Er war zu jener Zeit mehrfach mit seinen Mitstudenten auch in europäischen Städten unterwegs, um studienhalber quasi einen jungen Blick auf alte Stadt-Straßen zu werfen.
Samt Analyse und Vorschlägen zum Bessermachen. Genau diese Idee wurde nun für Waiblingen aufgegriffen: Auf Einladung der Alternativen Liste und der Grünen waren Nürtinger Studenten wochenlang staunend, kopfschüttelnd und ideenreich hier unterwegs. Haben viele Gespräche geführt, Filme gedreht von endlosen Autoschlangen in der Fronackerstraße und Bahnhofstraße, sie haben den Weg von Leihrädern aus der Box ins stauferstädtische Nirwana aufgezeigt – und am Ende drei Projekte durchgeplant, die das Leben in Waiblingen ein bisschen besser machen sollen. Sie haben quasi auch geplant für eine Stadt, in der sie selber gerne Leben wollen.

Im übrigen war die Waiblinger Delegation schon beim ersten Beschnuppern im Nürtinger Hörsaal hin und weg gewesen: soviel junge Begeisterung, solch ein Elan, soviel unbedingter Wille, was richtig Gutes abzuliefern, toll!
Und zwei aus der Truppe waren sogar schon vorab mal durch Waiblingen geschlendert: „Eine sehr schöne Stadt habt ihr, aber…“
Beim nächsten Date an der Hochschule lagen schon faszinierend viele Vorschläge auf dem Tisch, jetzt wollen die Studierenden aus aller Herren Ländern ihre fertigen Arbeiten vor möglichst vielen Leuten in Waiblingen präsentieren.

Neugierig geworden? Dann einfach am kommenden Dienstag, 1. Oktober, 19.30 Uhr in den Schwanen kommen.
Zusammen mit ihrem Professor Sven Kesselring wollen die Studis ihre Ideen vorstellen.
Lauter praktikable Vorschläge für eine Stadt, die besser werden muss.

Was dann wie und ob überhaupt nachher umgesetzt wird – die Waiblingerinnen und Waiblinger haben’s selbst in der Hand.
Vielleicht muss man sich einfach mal ein bisschen anschuggen lassen. Ein bisschen Feuer fangen. Nicht bloß klagen sondern machen.

Mehr Infos gibt’s unter: www.ali-waiblingen.de

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