Parken im öffentlichen Raum

Und wie geht’s jetzt weiter?

von Gisela Benkert

Auf ein unerwartet großes Echo gestoßen war Ende Oktober eine Veranstaltung von ALi und B90/Die Grünen im Schwanen, bei der Studenten der Fachhochschule Nürtingen/Geislingen Vorschläge gemacht hatten zu einer kleinen, aber markanten Verkehrswende in Waiblingen.
Sie haben damit eine Diskussion angestoßen, die inzwischen bereits erste konkrete Ergebnisse zeitigt: Die Stadt installiert zum Beispiel demnächst Bikestationen in der Stadtmitte, auf der Korber Höhe und in Waiblingen Süd und baut damit endlich ein echtes Fahrrad-Verleihsystem auf.

Shared space in der Fronackerstraße

Das spannendste Zukunfts-Szenario beim ersten studentischen Blick auf Waiblingen betraf die untere Fronackerstraße, in die Diskussion geworfen haben die Master-Studis der „Sustainable Mobilities“ (nachhaltige Mobilität) die Schaffung eines shared space, also eines Straßenabschnitts, in dem Fußgänger, Radler und Autofahrer völlig gleichberechtigt sind. Solche geteilten Straßenräume sind weltweit eine Erfolgsgeschichte, sie könnten Ruhe bringen ins aktuell völlig chaotische Treiben in der Fronackerstraße und für weit mehr „Aufenthaltsqualität“ sorgen.

„Interessant, anregend, vielversprechend“, so damals viele Rückmeldungen aus dem Publikum im Schwanen. Verbunden natürlich mit der bangen Frage „Wie geht’s weiter?“ Und es wird weitergehen!

Untersuchung zum Parkverhalten

Im nächsten Semester unter Leitung von Professor Sven Kesselring haben sich in Geislingen bereits wieder zwei Gruppen gebildet, die sich erneut mit dem Verkehr in Waiblingen beschäftigen. Zum einen werden momentan bereits die Parkverhältnisse in Waiblingen insgesamt untersucht, dabei geht es natürlich auch um die Auslastung der drei nächstgelegenen Parkhäuser zur Fronackerstraße als potentiellem neuen shared space. Und damit auch um die Frage, ob zum Beispiel die Querparkplätze weichen könnten zugunsten neuer, geteilter Räume.
Ausgewertet werden dafür diverse Daten zum generellen Parkverhalten der Waiblinger, im Focus dabei auch: Die Brötchentaste, einst Lieblingskind von Oberbürgermeister Hesky, nach den Maßstäben einer modernen Verkehrsplanung aber möglicherweise inzwischen arg kontraproduktiv.
Gezielt einbeziehen wollen die Studis auch die sogenannten Stakeholder, also Anwohner, Kunden und natürlich die Ladenbesitzer.
„Nur wenn alle Interessen gehört und in die konzeptionelle Planung einfließen, kann ein neues Parkraumkonzept nachthaltig gestaltet werden“, so Mamimilian Maisel, Sprecher der Gruppe. Denn Ziel des Projekts sei auch „die Entwicklung alternativer Parkideen, welche die Anzahl der Autos in der Innenstadt reduzieren sollen ohne dabei die Wirtschaftskraft der Innenstadt zu schwächen – Stichwort leere Innenstädte“.
Um bei diesen Interessensgruppen sowohl deren Ansichten zur aktuellen Verkehrssituation wie auch zu möglichen Veränderungen abzufragen, wird es sogenannte „Fokusgruppen-Interviews“ geben. Angesprochen werden sollen Geschäftseigner, Vertreter des Bundes der Selbständigen, Fronackerstraßen-Bewohner sowie auch Waiblingerinnen und Waiblinger außerhalb der „Problemzone“, die aber regelmäßig zum Einkaufen herkommen. Gespiegelt werden soll quasi ein „Querschnitt der Gesellschaft“, gemischt auch nach Alter und Geschlecht.

Junge Leute an der Diskussion beteiligen

Eine absolute Novität für Waiblingen wird ein weiteres Projekt werden – die Studierenden Pamela, Niklas und Stephen wollen zusammen mit einheimischen Jugendlichen das Verkehrsverhalten der Generation Y untersuchen, also die Anforderungen und Wünsche von jungen Leuten in einer Art Zukunftswerkstatt bündeln. Die Forschungsgruppe beschäftigt sich mit der Frage, „wie Waiblingen zu einer Vision einer nachhaltigen Mobilität gelangen kann“. Entwickelt werden soll ein „beteiligungorientierter Ansatz, der insbesondere die Generation Y und die Millenials stärker einbezieht, weil sie in der Diskussion um das Thema Verkehr und Mobilität in Waiblingen in der Öffentlichkeit zu wenig zu Wort gekommen sind“. Unter anderem planen die Studierenden Fokusgruppen, die im Detail befragt werden sollen – und genau dafür werden noch Mitmacher und Mitmacherinnen gesucht.
Es geht darum, Mitglieder dieser Generationen zusammenzubringen und sie über diese Themen miteinander diskutieren zu lassen. Ableiten wollen die Studis damit ein Meinungs- und Wertebild dieser Zielgruppe. Es geht um Felder wie „Mobilität heute und morgen“ und um eine generell aktivere Beteiligung an Themen, die Waiblingen bewegen, auch mit Blick auf die Mediennutzung.

Interviewpartner gesucht!

Interviewt werden sollen zwei Gruppen – eine mit 14- bis 17-jährigen und eine zweite für 18- bis 25-jährige. Jeweils sind bis zu zehn Teilnehmer möglich, die Gespräche dauern eine bis eineinhalb Stunden, stattfinden sollen sie im Zeitraum zwischen dem 27. Januar und dem 14. Februar.
Stephen, Niklas und Pamela wünschen sich dafür aufgeschlossene junge Leute, die möglichst nicht alle aus einer Klasse stammen. Politisch Interessierte sind ebenso willkommen wie junge Leute, die mit Politik bisher nicht so viel am Hut hatten. Wichtig ist auch; dass die Befragten auf unterschiedliche Weise in die Schule oder zur Arbeit gelangen – also mit dem Auto, mit dem Fahrrad, mit dem ÖPNV oder auch zu Fuß – schlussendlich soll „ein realistisches Meinungsbild zustande kommen“.

Wer dabei sein will, schreibt bitte eine E-Mail an agtif-fraktion-wn@gmx.de.

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abgefahren: junger Blick auf alte Straßen

Von Gisela Benkert

Waiblingen ist klasse – eigentlich. Aber Waiblingen ist in die Jahre gekommen, wird immer älter, bräsiger, zementierter, diese Stadt scharrt nicht mehr mit den Füßen, ist irgendwie im Stau stehengeblieben, entwickelt sich kaum, ist nicht wirklich „zukunftsfähig“, hat zu wenig Ideen, lebt, als gäbe es kein Morgen.

Mensch, probiert doch endlich mal wieder was aus, das nicht den Namen Gartenschau trägt! Schaut endlich hin, wenn sich Autoschlangen durch Wohngebiete quälen, wenn Gehwege zugeparkt sind, Radler und Fußgänger Kopf und Kragen riskieren. Mensch, gebt uns unsere Stadt zurück – zum Genießen, Verweilen, Einkaufen, zum drin Leben!

Das ist ein Imperativ – und angesprochen fühlen dürfen sich alle, die fürs Wohl und Wehe der Stadt zuständig sind – die Leute im Rathaus, der Gemeinderat und natürlich die Bürgerinnen und Bürger selbst.

Manchmal tut ein Weckruf gut – und den haben jetzt Studentinnen und Studenten eines internationalen Masterstudiengangs für nachhaltige Mobilität an der Fachhochule Nürtingen übernommen.
Wie kam’s? Ich als alte Waiblingerin war hocherfreut, als mein Neffe, damals noch mitten im Studium der Ingenieurswissenschaften, Fachbereich Verkehrsplanung,
bei seinen Tanten-Besuchen in der Stauferstadt ein ums andere mal befand: „Ihr habt aber eine merkwürdie Verkehrplanung hier“. Seine Analyse in etwa: Freie Fahrt für Freie Bürger, und das noch ziemlich exzessiv. Irgendwie nicht zukunftsweisend.

Er war zu jener Zeit mehrfach mit seinen Mitstudenten auch in europäischen Städten unterwegs, um studienhalber quasi einen jungen Blick auf alte Stadt-Straßen zu werfen.
Samt Analyse und Vorschlägen zum Bessermachen. Genau diese Idee wurde nun für Waiblingen aufgegriffen: Auf Einladung der Alternativen Liste und der Grünen waren Nürtinger Studenten wochenlang staunend, kopfschüttelnd und ideenreich hier unterwegs. Haben viele Gespräche geführt, Filme gedreht von endlosen Autoschlangen in der Fronackerstraße und Bahnhofstraße, sie haben den Weg von Leihrädern aus der Box ins stauferstädtische Nirwana aufgezeigt – und am Ende drei Projekte durchgeplant, die das Leben in Waiblingen ein bisschen besser machen sollen. Sie haben quasi auch geplant für eine Stadt, in der sie selber gerne Leben wollen.

Im übrigen war die Waiblinger Delegation schon beim ersten Beschnuppern im Nürtinger Hörsaal hin und weg gewesen: soviel junge Begeisterung, solch ein Elan, soviel unbedingter Wille, was richtig Gutes abzuliefern, toll!
Und zwei aus der Truppe waren sogar schon vorab mal durch Waiblingen geschlendert: „Eine sehr schöne Stadt habt ihr, aber…“
Beim nächsten Date an der Hochschule lagen schon faszinierend viele Vorschläge auf dem Tisch, jetzt wollen die Studierenden aus aller Herren Ländern ihre fertigen Arbeiten vor möglichst vielen Leuten in Waiblingen präsentieren.

Neugierig geworden? Dann einfach am kommenden Dienstag, 1. Oktober, 19.30 Uhr in den Schwanen kommen.
Zusammen mit ihrem Professor Sven Kesselring wollen die Studis ihre Ideen vorstellen.
Lauter praktikable Vorschläge für eine Stadt, die besser werden muss.

Was dann wie und ob überhaupt nachher umgesetzt wird – die Waiblingerinnen und Waiblinger haben’s selbst in der Hand.
Vielleicht muss man sich einfach mal ein bisschen anschuggen lassen. Ein bisschen Feuer fangen. Nicht bloß klagen sondern machen.

Mehr Infos gibt’s unter: www.ali-waiblingen.de